Stephan Radeck und die Externsteine

Externsteine Relief
Naturschutzgebiet Externsteine
Externsteine

Morgens in aller Herrgottsfrühe lässt Stephan Radeck die ersten Besucher die Stufen zur Höhenkapelle der Externsteine hinaufsteigen. Ziel ist ein kleines kreisrundes Fenster in einer Nische über dem Altarsockel, durch das der Sonnenaufgang beobachtet wird. Nur einmal im Jahr, just an diesem frühen Morgen, füllt die Sonnenscheibe das Fenster ganz aus – Zeit der Sommersonnenwende.

Stephan Radeck ist in dieser Nacht nicht ins Bett gekommen. Als Leiter des Infozentrums und zuständiger Förster für das Naturschutzgebiet Externsteine weiß er aus Erfahrung, dass gerade zu besonderen Anlässen wie Sommersonnenwende und Walpurgisnacht viele Menschen kommen, um auch das außergewöhnliche Flair der schroffen Gesteinsformation zu erleben. Viele möchten hier ihren ganz persönlichen „Kult“ leben und manche verspüren in der Nähe der Felsen auch ein besonders intensives „Kraftfeld“. Es ist ein buntes Volk von Esoterikern und Neopaganern, sogenannten „Neuheiden“, das auf der Wiese vor den Externsteinen die Nacht verbringt.

Die Externsteine entstanden von etwa 70 Millionen Jahren durch gewaltige geologische Verwerfungen. Die ehemals waagerecht liegenden Gesteinsschichten wurden durch Urkräfte senkrecht aufgerichtet. Lange Erosionsprozesse schliffen das weichere Material ab und schufen die markante Form der bis zu 38 Meter steil aufragenden Externsteine. Die Natur hat sich hier als unnachahmliche Baumeisterin bewiesen und gestaltete eines der bedeutendsten Naturdenkmäler Deutschlands. Und die Menschen aus längst vergangenen Epochen trugen dazu bei, aus dem Naturdenkmal zugleich ein Kulturdenkmal zu schaffen: Aus dem harten Osningsandstein der Felsen schlugen sie das einzigartige Kreuzabnahmerelief, die Grotten, die Höhenkapelle und das Felsengrab heraus.

Viel ist über die Externsteine gerätselt worden. Waren sie ein mystischer Ort mit besonderen Kräften? Gar eine zentrale germanische Kultstätte, die mit der Christianisierung kurzerhand von der neuen Religion in ein Ersatzheiligtum verwandelt wurde? Fragen, die noch heute die Runde machen und das ein oder andere Gemüt erregen. Die Externsteine bleiben auch heute in vielerlei Hinsicht ein sensibler aber auch ein die Menschen magnetisch anziehender Ort.

Stephan Radeck findet die immer wieder aufflammenden Meinungsunterschiede um die Felsen spannend. „Ich halte mich an die wissenschaftlich belegbaren Fakten, die wir in unserem neuen Infozentrum darstellen. Durch die multimediale Präsentation sind die Informationen über die Entstehung und die Geschichte der Externsteine ein richtig spannendes und gleichzeitig sachorientiertes Erlebnis geworden“, betont Radeck und empfiehlt den vielen Besuchern – geschätzte 500.000 sind es jährlich, von denen rund 120.000 die Felsen erklimmen – unbedingt einen Blick in das Infozentrum zu werfen.

Den starken Besucherandrang mit den Belangen des Naturschutzes und der Denkmalpflege in Einklang zu bringen, ist für Förster Radeck eine ständige Herausforderung aber kein Gegensatz. Denn solange die Besucher auf den gut ausgebauten Wegen bleiben, ist der scheinbare Spagat zwischen Tourismus und Naturschutz unproblematisch. „Sogar Uhus, die größte heimische Eulenart, haben sich nach 200jähriger Abstinenz an den Externsteinen wieder zum Brüten eingefunden“ erklärt Radeck nicht ohne Stolz auf das ihm anvertraute Gebiet.

Das Naturschutzgebiet Externsteine gehört zu den ältesten Lippes und befindet sich mit der Felsformation im Besitz des Landesverbands Lippe. Mit dem „Bärenstein“ nordwestlich und dem „Knickenhagen“ südöstlich der Felsengruppe umfasst es eine Fläche von 126 Hektar.

Stephan Radeck schätzt sein Revier: „Der Naturraum ist sehr vielseitig. Wir finden alte Bergheiden aber auch Hudewälder mit ihrer speziellen Flora und Fauna. Um das Gebiet in seiner Schutzwürdigkeit zu erhalten, müssen wir auch in die natürlichen Prozesse eingreifen. Mit Schafen werden die alten Bergheiden offen gehalten, zudem stellen wir Hudebäume frei, um deren fortschreitende Verschattung zu verhindern. Bewusst lassen wir auch Totholz stehen. Damit erhalten wir dann auch den Lebensraum für verschiedene Tierarten wie zum Beispiel für den einzigartigen Juchtenkäfer“.

Deshalb hat der Förster vom Landesverband Lippe auch kürzlich erst wieder „aufgeräumt“ und zahlreiche alte Hudebäume als Zeugen der historischen Waldbeweidung am Bärenstein freigestellt. Dadurch wird das Gebiet an den Externsteinen aufgewertet und ist immer wieder einen Besuch wert.